Das war ein emotionaler und besonderer Abendgottesdienst am Sonntag dem 10. November 2019 in der St. Marienkirche. In einem dystopischen Theaterstück wurde den fast 100 Gottesdienstteilnehmern eine Zukunft aufgezeigt, in der die Kirchen geschlossen blieben, da es keine Besucher der Gottesdienste mehr gab. Dass das Stück die Anwesenden berührt und zum Nachdenken angeregt hatte, zeigte die Diskussion bei der nach Abendgottesdienst üblichen Zusammenkunft bei Brot, Wasser und Gemeinschaft. Für alle, die leider nicht teilnehmen konnten, gibt es hier noch mal eine kurze Zusammenfassung.
18.00 Uhr, die Glocken verklingen und das Licht wird ausgeschaltet. Es ist dunkel, alle sind still.
Durch den Seiteneingang sieht man den Schein einer Taschenlampe funkeln. Sie leuchtet in den Kirchenraum.
Die Tür wird rumpelnd geöffnet und eine Gestalt, schwarz mit Kapuze und Mundschutz, kommt herein und sieht sich ehrfurchtsvoll um.
Die Gestalt beleuchtet den Altarraum, die Decke und ruft jemanden zu sich. Die Kirche ist seit Jahren leer und verlassen.
Staub auf der Brüstung, Steine auf den Treppen….
Die Gestalt nimmt die Kapuze und den Mundschutz ab und sucht den Lichtschalter. Es funktioniert noch und das Kirchenschiff hat Licht.
Die zweite Person, ein Kind, kommt ängstlich herein und läuft schutzsuchend zu der viel älteren Person, die freundlich erklärt, dass man hier keine Angst haben muss, das ist das Haus Gottes.
So entsteht ein Dialog zwischen dem unwissenden Kind und der Frau. Dabei wird erzählt, dass man früher hier Sonntags mit vielen Menschen gefeiert, Gott gelobt und gebetet hat. Kinder wurden getauft, Menschen verabschiedet und in der Gemeinschaft war niemand allein, der das nicht wollte.
Da aber nun der Sonntag ein Arbeitstag ist und keiner mehr Geld für Religion gab wurden durch die Sparmaßnahmen die Kirchen vor Jahren für immer geschlossen.
Das Kind stellt immer mehr Fragen und die alte Frau beantwortet diese überzeugt von der Sache und mit einer unbändigen Begeisterung.
Man probiert die Orgel aus und nach ein paar schrägen Tönen erklingt das erste Lied: Wo zwei oder drei in meinem Namen…
Die Gemeinde singt mit.
Es wird über Glück, Dankbarkeit, das Leben Jesu gesprochen, den Halt in der Gemeinschaft und über Martin Luther, der die Sprache der Menschen gesprochen hat und so die Kirche reformiert hat. In dem Dialog der beiden Darsteller, dass man nicht in den mittelalterlichen Mustern bleiben konnte, die alt, dunkel, verstaubt und nicht mehr zeitgemäß waren.
Junge Menschen hatten auch schon damals eine andere Vorstellung von Gottesdiensten, aber darauf konnte man sich nicht einigen.
Die Menschen blieben sodann einfach weg und vergaßen diese wertvolle Möglichkeit friedlich zu leben.
Zwischendurch spielt die Orgel weitere Lieder. In der Zeit erstarrten die Darsteller, denn sie stellten sich vor, wie es ist, wenn die Kirche voller Menschen ist und alle mitsingen.
Nach dem letzten Lied hört man vom Turm aus weitere Stimmen. Eine Gruppe Menschen hat sich versteckt und zugehört. Sie werden von der alten Frau im Gang abgeholt und eingeladen gemeinsam zu beten.
Im Altarraum versammelt sie die “neue“ Gemeinschaft, es werden Fürbitten formuliert, die persönlich, aber auch an alle Menschen gerichtet sind und um neuen Mut für neue Wege bitten.
Dazu stand die ganze Gemeinde in ihren Bänken.
Zum Vater unser erscheint der Pastor, betete mit der Gemeinschaft, sprach den Segen und alle Darsteller erstarren.
Die Gemeinde setzte sich.
Nur die Frau, die alte Christin aus der Zukunft, geht in das Kirchenschiff. Sie spricht die Gemeinde nun direkt an. An Hand der Postkarte, die ein Kreuz als Spiegel hat, bittet sie die Gottesdienstteilnehmer auf das Kreuz zu schauen. Das, was sie da sehen ist die einzige Hoffnung so eine Zukunft zu verhindern.
Im Anschluss spielte die Orgel „Oh happy Day“ und viele Besucher kamen noch auf ein Gespräch zusammen. Man war sich einig, dass dies ein wirklich gelungener Gottesdienst der anderen Art war. Einer mit berührenden Momenten und einer zum Nachndenken. Einer, der eine Botschaft vermittelt hat.